Barberini Exulterolle 10. Jahrhundert

Bienenhonig gilt als Das gesunde Lebensmittel schlechthin. Er bietet viele lebenswichtige Vitamine, schnell verwertbare Kohlehydrate in Form verschiedener Zucker, aber auch Aminosäuren, Aromastoffe, Fettsäuren, Enzyme, Mineralstoffe, Spurenelemente und Pollen.

Dass aber Honig auch schwerwiegende bis tödliche Vergiftungen hervorrufen kann wissen die wenigsten.
Dass Bienenhonig für Säuglinge unbekömmlich ist und viele Menschen auf Pollen oder Propolis im Honig allergisch reagieren ist allgemein bekannt; Aber dass der Genuss von Honig tödliche Folgen haben kann?
Hier geht es nicht um Verunreinigungen des Honigs durch Umweltgifte oder Spritzmittel, und auch nicht durch eine unsachgemäße Bearbeitung durch den Imker, sondern um natürliche Giftstoffe die Bienen mit dem Nektar aus Blüten aufnehmen und in den Honig eintragen.

Zahlreiche Pflanzen haben im Laufe der Evolution giftige Substanzen ausgebildet mit denen sie sich gegen Fressfeinde verteidigen. Sie sondern diese Wirkstoffe über verschiedene Pflanzenteile ab und schädigen damit ihre Feinde, die über einen Lernprozess diese Pflanzen schließlich meiden. Im Falle des Honigs nehmen Bienen diese, für sie nicht giftigen, Wirkstoffe mit dem Nektar der Blüten auf. Im Honigmagen wandeln sie den Nektar in eine Vorstufe des Honigs um, der schließlich im Bienenstock zu fertigem Honig als Futtervorrat für das Bienenvolk weiterverarbeitet wird.

Pontischer Honig

Erste historische Überlieferungen zu Honigvergiftungen stammen aus dem Geschichtswerk Anabasis des griechischen Feldherren Xenophon (431 – 404 v. Chr.) um 401 vor Chr. Wonach seine Krieger, auf dem Rückzug von der verlorenen Schlacht bei Kunaxa, in den Dörfern der Schwarzmeerküste Honigwaben aßen. Alle Krieger verloren die Besinnung, erbrachen sich und bekamen Durchfall, keiner von ihnen konnte sich aufrecht halten. Nur diejenigen, die wenig vom Honig aßen, glichen einem völlig Betrunkenem. Am nächsten Tag waren alle wieder genesen. Ein jüngerer Bericht stammt vom römischen Geschichtsschreiber Strabon (um 63 v. Chr. – 23 n. Chr.) der von einem Feldzug des römischen Konsuls Gnaeus Pompeius Magnus (106 – 48 v. Chr.) berichtet, dessen Soldaten im Jahre 67 vor Chr. in der gleichen Region von den Einheimischen Honigwaben mit Pontischem Honig zu essen bekamen. Nachdem die Soldaten kampfunfähig waren, wurden sie von den Einheimischen überwältigt und besiegt. Aus dem 1. Jh. n. Chr. erwähnen Plinius der Ältere (um 23 – 79 n. Chr.) in siener Naturalis historia und der Grieche Pedanios Dioscurides (1. Jh. n. Chr.) in seiner Materia Medica von Vergiftungen durch Pontischen Honig.1)

Aktuell berichten ärztliche Fachzeitschriften immer wieder von Patienten mit zunächst unerklärlichen Symptomen wie Kreislaufschwäche, Herzrhythmusstörungen, langsamem Puls und gefährlich niedrigen Blutdrücken.2) Als weitere Symptome werden Magen-Darm-Beschwerden, zentralnervöse Erregungs- und Lähmungserscheinungen, rauschähnliche Zustände sowie vermehrter Speichelfluss und Schweißausbrüche beschrieben. Die Vergiftungen treten meist ein bis zwei Stunden nach Verzehr auf und werden durch Grayanotoxine (neurotoxische Diterpene) ausgelöst die natürlicherweise in bestimmten Rhododendron- und Azaleen-Arten vorkommen.3) Erst nach intensiven Nachforschungen konnten einige dieser Fälle auf den Verzehr von Pontischen Honig zurückgeführt werden. Pontischer Honig gilt in der Schwarzmeerregion heute noch als Aphrodisiakum und wird deswegen gerne von Männern verzehrt. Bereits die Aufnahme von 5 bis 30 g Pontischen Honigs können gefährliche bis lebensbedrohliche Vergiftungen hervorrufen. Im Jahr 2007 wurde einem Patienten nach einer Honigvergiftung unnötigerweise in Herzschrittmacher eingesetzt, da der Zusammenhang der Herzrhythmusstörungen mit der Honig-Vergiftung vor der Operation nicht erkannt wurde.4) 5)

Zu den in Mitteleuropa problematischen Nektarlieferanten gehören vor allem verschiedene Rhododendronarten (Ericacaeen) und Lorbeerrosen (Kalmia angustifolia und Kalmia latifolia), die Nevengifte wie Grayanotoxine (Grayanotoxin I, Andromedotoxin und Rhomotoxin) abgeben. In jüngerer Zeit häufen sich Berichte über Gifteinträge durch Jakobskreuzkraut (Senecio jacobaea; Syn.: Jacobaea vulgaris Gaertn.) das hohe Dosen an Pyrrolizidinen (Acetylerucifolin, E-Erucifolin, Z-Erucifolin, 21-Hydroxyintegerrimin, Integerrimin, Jacobin, Jacolin, Jaconin, Jacozin, Retrorsin, Ridellin, Senecionin, Seneciphyllin, Senecivernin, Spartioidin und Usaramin) abgibt, und bei Nahrungsaufnahme schwere Leberschäden verursachen können.6)

In Neuseeland ist der Nektar der Tutapflanze (Coriaria arborea) besonders problematisch der hohe Anteile Tutin und Melliotoxin (Hydroxytutin) enthält. Bereits 1 mg Pflanzennektar kann bei einem Erwachsenen Übelkeit und Erbrechen auslösen.

Quellen

  1. Hans H. Wellhöner: Über Grayanotoxin (Andromedotoxin, Rhomotoxin). Institut für Toxikologie, Medizinische Hochschule Hannover.
  2. Gerke, Fahrenkrog, Löllgen: Synkope bei einem jungen Mann türkischer Herkunft. In: Internist Nr. 44, 2003, S. 1308–1312
  3. Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg: Verbraucherschutzministerium warnt vor Honig aus der Türkei - In Honig enthaltener Pflanzenstoff kann zu gesundheitlichen Problemen führen. Pressemitteilung 96/2011 vom 19.04.2011.
  4. Typischer Brustschmerz, aber: Herzinfarkt war Honig-Vergiftung! In: CME Nr. 9 2007, S. 4
  5. Desel, Neurath: Vergiftungen mit „Pontischem Honig”. In: Toxichem + Krimtech, Mitteilungsblatt der Gesellschaft für Toxikologische und Forensische Chemie. Nr. 65, 1998, S. 63-64
  6. Helmut Wiedenfeld: Pyrrolizidin-Alkaloide gefährden tierische und menschliche Ernährung. Auf: Portal für Organische Chemie. 27.05.2009 (URL: http://www.organische-chemie.ch/chemie/2009mai/jakobskreuzkraut.shtm)